Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde der Pädagogischen Sektion
So oft meinen wir, schon alles über jemanden zu wissen, bevor wir ihn angeschaut oder ihm zugehört haben. So oft meinen wir, etwas müsse getan werden, weil wir es schon so oft selbst getan haben oder andere gesehen haben, die das so machten – ohne weitere Überlegung oder Beachtung des Kontexts. Wäre es nicht wichtig, diese beiden Automatismen zu überwinden, wenn man mit Kindern und Jugendlichen arbeitet? Zumindest legen das die beiden Artikel dieses
Newsletters den Lesern ans Herz. In Jon McAlices Text geht es darum, wie das in der Ausbildung geübt werden kann. Der Artikel von Philipp Reubke lädt ein, die pädagogische Praxis im Lichte der neuformulierten «Wesentliche Merkmale/Richtlinien der Waldorfpädagogik» zu überdenken. Ausserdem freuen wir uns sehr, Ihnen zwei Buchpublikationen
vorzustellen. Eine Studienausgabe von Steiners in England gehaltenen Pädagogischen Kursen und ein von der Pädagogischen Sektion herausgegebener Band «Lernen in der Welt zu sein».
Mit herzlichen Grüssen Philipp Reubke
Gemeinsame Grundlagen – Vielfalt der Schulformen
Steiner Waldorf Schulen unterscheiden sich oft sehr voneinander. In manchen Schulen wird viel gesungen – in anderen Einrichtungen viel Wert gelegt auf Erlebnispädagogik. In einem Land ist eine Waldorfschule privat und wird kollegial geleitet – in einem anderen Land wird sie vom Staat finanziert und inspiziert. Die Unterschiede sind zahlreich und auch Rudolf Steiner ermutigte die Lehrpersonen seiner Zeit zur Vielfalt in der pädagogischen Praxis: «Auf abstrakte Programmgrundsätze kommt es nicht an, sondern auf die Realitäten, die man vor sich hat.»
Im September hat Jon McAlice, der unter anderem leitender Forscher am Nature Institute in New York ist, das Treffen des International Teacher Education Forum (ITEF) mit einem lesenswerten Beitrag eröffnet. McAlice wies dabei darauf hin, dass sich Rudolf Steiner lediglich zweimal ausführlich zur Lehrerausbildung
geäussert habe. Und was Steiner dabei wichtig erschienen sei, zu betonen,
In diesem Buch, welches Constanza Kaliks und Philipp Reubke herausgegeben haben, finden Sie Beiträge von Autoren aus verschiedenen Kontinenten, von Universitätswissenschaftlern, Waldorfpädagoginnen und Waldorfpädagogen.
Die Artikel ermutigen nicht nur dazu, die Einmaligkeit jedes Kindes und jedes Jugendlichen wahrnehmen zu lernen. Mut ist auch ein grosses Thema im Beitrag des katalanischen Philosophieprofessors
Josep Maria Esquirol. Denn: «Stets ist das Wertvolle bedroht. Und gegenwärtig zielt diese Bedrohung sowohl auf den Ort der Erziehung als auch auf den Sinn des Menschlichen ab ... Es ist Widerstand nötig, um diesen Sinn gegen die vereinheitlichenden Kräfte zu verteidigen, die ihn verwischen.»
Das Buch finden Sie im Buchhandel oder noch besser: direkt bei uns in der Pädagogischen Sektion.
«Die Kunst des Erziehens»: Eine neue Studienausgabe für Lehrerinnen und Lehrer!
Die neue Studienausgabe versammelt drei pädagogische Vortragsreihen, die Rudolf Steiner zwischen 1922 und 1924 in England gehalten hat, in einer neuen, kompakten und übersichtlichen Zusammenstellung. Sowohl erfahrene Lehrerinnen der Waldorfpädagogik wie auch Neueinsteiger können sich von diesen Vorträgen inspirieren lassen. Sie eignen sich für die Lehrerausbildung ebenso wie für die gemeinsame pädagogische Arbeit in Lehrerkonferenzen.
Das Buch ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem Bund der Freien Waldorfschulen, dem Rudolf Steiner Verlag und der Pädagogischen Sektion.